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Unschuldige Kinder

Nach Mt 2, 8 - 18 befahl Herodes, als sich die Magier von ihm nicht zur Denunzierung des neugeborenen Messias benutzen ließen, in Betlehem und Umgebung alle Knaben im Alter bis zu zwei Jahren zu ermorden. Anhand profaner historischer Quellen lässt sich dieser Vorgang nicht beweisen, weshalb er in der Forschung von einigen angezweifelt wird. Andere verweisen darauf, dass dieser Bericht durchaus zur Verhaltensweise des Herodes passt. Matthäus sieht in diesem Vorgang die Erfüllung des Prophetenwortes von Jer 31, 15. Auffällig sind die Parallelen zur Kindheitsgeschichte des Mose, der ebenfalls als Befreier seines Volkes - wenn auch nur aus der ägyptischen Knechtschaft und nicht von Sünde und Tod - auftritt. Seit dem 5. Jahrhundert gibt es einen Gedenktag für die Betlehemitischen Kinder, die nicht nur ohne Schuld und als Märtyrer, sondern sogar stellvertretend für Christus gestorben sind. In Zeiten hoher Säuglings- und Kindersterblichkeit gewann dieser Gedenktag besondere Bedeutung. Die Unschuldigen Kinder sind Patrone der Chorknaben und Findelkinder. Sie werden angerufen gegen Ehrgeiz und Eifersucht. Als Tag, an dem man sich Fruchtbarkeit wünschte und durch Rutenschläge segnend vermittelte, gewann dieser Gedenktag Bedeutung. Wahrscheinlich in Erinnerung an die im Gedenkanlass sichtbare Brutalität bei Auseinandersetzungen wurde dieser Tag auch als Versöhnungstag im Rheinland gefeiert. Am Sonntag, nach dem Kirchgang, fand im Rathaus eine Feier zur Beendigung von Streitigkeiten und Feindschaften statt. In Erinnerung an die Flucht der heiligen Familie nach Ägypten und der Leistung, die dabei der Esel vollbracht hat, steckte man Eseln, denen man am 28. Dezember begegnete, eine Leckerei ins Maul. In der nur den Kindern eigenen Unbekümmertheit haben diese im Mittelalter diesen Tag für sich reklamiert und vereinnahmt. In Kloster- und Domschulen führten die Schüler das Regiment und durften in Reimform ihre Meinung sagen. Sie spielten „verkehrte Welt”, in der die Großen klein und die Kleinen groß sind. An diesem Tag fand das Kinderbischofsspiel (ludus episcopi puerorum) statt, das - um 1300 mit dem Aufkommen der Nikolaus-Verehrung - ebenso auf den Nikolaustag abwanderte wie die Sitte des Kinderbeschenkens (Kinderbeschenktag). In Bayern schenkten die Paten ihren Patenkindern an diesem Tag Gebäck: den Mädchen eine Lebkuchenfrau, den Jungen einen Lebkuchenreiter, vgl. Lebkuchenmann. Bereits in vorchristlicher Zeit hatte dieser Tag für die Kinder eine besondere Bedeutung. Frau Holle zog in dieser Nacht mit allen Kindern, die im Jahr geboren werden sollten, umher. Das Element des Schenkens war in dieser Vorstellung bereits enthalten: Dem Geisterzug wurde Essen hingestellt.