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Gabenbringer
Nachdem der Kinderbeschenktag vom Fest der Unschuldigen Kinder (28. Dezember) im Rahmen der wachsenden Popularität des hl. Nikolaus auf seinen Festtag (6. Dezember) verlegt worden war, wurde der hl. Nikolaus - zunächst anonym, später persönlich - zum Gabenbringer. Die Aufgabe von Nikolaus als Gabenbringer oder Kinderbeschenker leitet sich doppelt ab: Nach der Jungfrauenlegende hilft der Heilige, noch ehe er Priester und Bischof wurde, drei Schwestern das Leben ehrenhaft zu fristen, indem er sie beschenkt. Das Schenkmotiv taucht ein zweitesmal in der Schülerlegende auf: Hier schenkt er den Jungen das Leben wieder. Symbolhaft lassen die Gaben des Nikolaus die Beschenkten an seinem heiligen Leben teilhaben: Das Gold befreit von einem schuldhaften Leben, die Erweckung der eingepökelten Jungen befreit vom Tod zum Leben. Wenn also Nikolaus Gaben bringt, bringt er - zumindest allegorisch - das ewige Leben. Die „Heilung” bedeutet immer auch Heil. Nikolaus scheint, seitdem er mit der Schülerlegende verbunden war, in Deutschland als Gabenbringer tätig zu werden. Die Kaufherren in Neuss am Rhein, durch einen Hafen mit der Binnen- und Seeschifffahrt verbunden, gründeten eine Gilde unter dem Patronat des heiligen Nikolaus, Nikolaus-Bruderschaft genannt. Am Nikolaustag feierte man ein Fest, bei dem es üblich war, die Mitglieder der Familie und die Diener des Geschäftes zu beschenken. Nicht erst heute sind die Kinder so pfiffig, Gaben des heiligen Nikolaus nicht nur zu Hause zu erwarten. Schon früher wurden Gabenteller auch bei den Paten aufgestellt, wie der Ratsherr Weinsberg aus Köln für 1594 berichtet. Kuchen, Zucker, Äpfel, Geld und „gobelger” (= wahrscheinlich „Göbbelchen”, Gebäck in Vogelform) fanden die Kinder am Nikolausmorgen vor. Das Schenken zu Nikolaus vermochte auch die religionsfeindliche Französische Revolution nicht zu unterbinden, nicht einmal im offiziellen Bereich. Die Magistrats-Deputierten in Köln beschlossen deshalb am 15. Dezember 1797 ihre Präsenzgelder in Höhe von 30 Reichstalern als Nikolausgeschenk an das Waisenhaus zu geben. Martin Luther, der seine Kinder selbst noch zu Nikolaus beschenkte, änderte in der protestantischen Kirche diesen Brauch: Da Heilige als Fürbitter keine Rolle mehr in der reformierten Theologie spielten, sollte ihr Gedächtnistag entfallen und die mit diesem Tag verbundenen Bräuche. Der Beschenktag wurde auf Weihnachten verlegt, der Gabenbringer wurde das Christkind, eine nie näher definierte Erscheinung eines leuchtenden, manchmal geflügelten Kindes. Nicht überall konnte die Reformation diese Idee durchsetzen. In den Niederlanden blieben sowohl der Beschenktag als auch der Gabenbringer bis heute in alter Form erhalten. Von hier aus gelangte der Brauch nach Amerika, vermischte sich mit anderen Vorstellungen und brachte den Weihnachtsmann hervor. Andere Gabenbringer oder Geschenkfiguren sind neben dem Nikolaus, die heilige Lucia, das Christkind, der Weihnachtsmann, der Osterhase usw.
Gabenteller
Die vor allen Dingen im angelsächsischen Lebensraum verbreitete und in andere Bereiche importierte Sitte, wonach der ungesehene nächtliche Besucher Nikolaus (und später natürlich die personifizierte Metamorphose Weihnachtsmann) seine Geschenke und Naschereien in Schuhe und Strümpfe steckte, empfinden manche als schlicht eklig. Nicht einmal hygienische Gesichtspunkte mögen hier primär mitspielen. Unreflektiert kann auch die empörte Grundannahme gelten, dass „größere Geschenke” in so kleinen Behältnissen doch keinen Platz finden! Der Brauch, die Gaben in ein eigenes Gefäß oder Behältnis zu legen (der Gabenteller hat in mehrfacher Hinsicht seine Nähe zu einer „Opferschale”), ist so jung wie der Besitz solcher Gerätschaften in bürgerlichen Haushalten. Der mittelalterliche Mensch besaß kaum Schüsseln, keine individuellen Essteller. Man aß „aus einer Schüssel”, verfügte vielleicht über eine Aushöhlung im Holztisch. Sollten aber nächtlich Gaben durch einen unsichtbaren Nikolaus individuell zugewiesen werden, was lag da näher als persönliche Kleidungsstücke zu benutzen, die zum Trocknen aufgehängt oder aufgestellt waren: Strümpfe und Schuhe. Hinsichtlich eines eventuellen Naserümpfens wegen jener neuzeitlichen „Erfindung” namens Hygiene konterte man nicht anders, als wie man es heute noch im Rheinland hören kann: „Nu sit doch nit esu!”, - was sich mit „Stell' Dich nicht so an” nur unvollkommen übersetzen lässt. Individuelle Behältnisse für Nikolausgeschenke, ob Strümpfe, Schuhe, Nikolaus-Schiff oder Gabenteller, kennzeichnen die Nikolausbrauchtumsphase nach den Wurf- und Streuabenden, also die Zeit des Einlege- und des Einkehrbrauches.
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Gartenzwerg
Der verzwergte und vervielfältigte Weihnachtsmann aus Steingut ist eine Erfindung von Philipp Griebel aus dem thüringischen Gräfenrode, der im September 1883 den ersten Gartenzwerg aus Terrakotta formte und damit eine ganze Industrie zum Leben erweckte. Als „little helpers” des amerikanischen „Father Christmas” tauchten die bebärteten Miniatur-Klons in amerikanischen Weihnachtsmann-Zeichnungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte ein Teil der Terrakotta-Zwergenproduktion von Ost nach West, denn unter Walter Ulbricht war von 1948 bis 1952 die Zwergenherstellung in der DDR völlig verboten. Der „deutsche Gartenzwerg” (ironisch-lateinisch: nanus hortorum vulgaris) hat inzwischen die Welt erobert: In Deutschland haben rund 18 Millionen Gartenzwerge auf den Rasen Platz genommen. Mehr als tausend Unternehmen werben seit 1900 mit Gartenzwergen, zusammen mit Schneewittchen ist der Gartenzwerg ins Disneyland eingedrungen, als „Schlumpf” wird er in Schlagern besungen, ist Thema von Comics, wird als Puppe gehandelt. Der Erfolg der Zwerge ist so groß, dass sich die deutsche Gartenzwergindustrie nur noch mühsam ausländischer Plagiate - zum Teil in Kunststoff - wehren kann. Die Ableitung des Gartenzwerges vom heiligen Nikolaus ist noch an zwei Elementen zu erkennen: dem langen Bart und vor allem an der spitzen und natürlich (bischofs-) roten „Zipfelmütze”, die beim klassischen Gartenzwer nach vorn geneigt ist und so exakt die phrygische Mütze wiedergibt. Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass es auch „Nanologen” gibt, die die Abstammung des Gartenzwergs von Nikolaus bestreiten. Nach ihrer Annahme stammen die Vorfahren der Gartenzwerge aus Kreta. In altgriechischer Zeit seien dort tiefe Schächte in die Erde getrieben worden, um Silbererz abzubauen. Dafür seien besonders kleinwüchsige Männer eingesetzt worden, die sich, jeweils zu siebt in einer Schicht, mit roten Zipfelmützen ausgerüstet hätten. Später seien sie auch bei den alten Römern im gleichen Aufzug als Feldhüter tätig gewesen. Wieso aber die Gartenzwerge des 19. Jahrhunderts ausgerechnet an dieser Tradition anknüpfen sollen, bleibt bei dieser Behauptung ungeklärt.
Gebildebrot
Bezeichnung für Gebäcke zu bestimmtem (religiösen und festlichen) Anlässen in bestimmten Formen. Die aus Teig geformten Backwaren formen Gestalten von Menschen, Heiligen, Phantasiegestalten, Tieren, Symbolen und Ornamenten. Die „Brote” werden zu Tagen geschenkt und gegessen, die zu dem Versinnbildlichten in Beziehung stehen. Gebildebrote/Gebildegebäcke symbolisieren Wünsche, das Fest, Gelübde, Opfer oder Beschwörungen: z.B. Göbbelchen, Lutherbrötchen, Martinsbrezel, Martinshörnchen, Seelspitzbrot, Seelenkuchen, Seelenbrote, Seelenzopf, Stuck, Allerseelenbrötchen, Weckmann.
Geißelchöpfer > Nikolaus-Begleiter
Geschenk
Eine Zeit, die standardisierte Geschenke nach medial übermittelter Aufforderung kauft, um sie nach dem über TV gelernten Ritual, das zugleich animiert und bestätigt, zu verschenken, belegt damit augenfällig, dass sie die Seile zum alten Sinn des Schenkens gekappt hat. Wer sich noch an eine Oma oder Uroma erinnern kann, die tatsächlich noch einen ganz besonderen Kuchen höchstselbst backen konnte (- also nicht jenen der Marke „wie” selbstgebacken als Backmischung kauft! -), weiß zu berichten, dass dieser Kuchen eben für diese Oma „stand”. Der Kuchen war zwar nicht die Oma, aber der Kuchen war, „als wär's ein Stück von ihr”. Unsere versachlichte Zeit hat das Gefühl dafür, dass Personen und Sachen eine Einheit bilden können, scheinbar fast verloren. Ein Indianer, der eine Feder aus seinem Schmuck verliert, ging sie suchen. Für ihn war die Feder nicht ein abbuchbarer Verlust, sondern ein Stück von ihm selbst. Fiel dieses Teil in die falschen Hände, konnte ein anderer über ihn Macht gewinnen. Geschenke sind deshalb nach alter Auffassung „Selbstmitteilung”, ein Stück von mir, mit dem ich mich dem an-deren verfügbar mache und mit ihnen eins werde (vgl. hierzu auch die Lehre von der Eucharistie in der Katholischen Kirche). Geschenke, die der heilige Nikolaus brachte, waren ursprünglich nicht einfach nur Abwicklung von zuvor abgeliefertem Listen des Geschenkebedarfs (vgl. Wunschzettel), sondern seine Geschenke waren Zeichen für die Realpräsenz Gottes und der Teilnahme der Empfänger daran. Mit allen Sinnen, mit Augen, Mund und Ohren, sollte der Beschenkte erfahren und erleben, dass für die, die sich Gottes Plan unterwarfen, schon auf Erden der Himmel begann. Ja, man konnte anhand des süßen Gebäcks Gott und seinen Himmel bereits „schmecken”. Je mehr der Sinngehalt des Festes verloren ging, die Brauchform aber noch erhalten blieb, spiegelte sich das Unverständnis auch in den Geschenken wider. 1816 heißt es in einem „andächtigen Gebetlein zum heiligen Nikolaus” von Math. Jos. De Noel:
„Sankt Niklas, der du uns als Knaben
In deiner guten Laune oft bedacht
Und dann, die liebste uns von allen Gaben,
Recht stattliche Soldaten mitgebracht.”
Das Geschenk pervertiert den Geschenkanlass. Die Kunst des Schenkens, vgl. Schenken, lässt sich nicht durch Menge, Kostenhöhe und Zeitangepasstheit bevormunden. Geschenke sind insofern sinnlich als sie individuell sind und in einer Zweierbeziehung widerspiegeln, wie sehr der andere sich in sein Gegenüber einfühlen kann.
Geschenkfiguren > Gabenbringer
Geschenktage > Schenktermine
Goldkugeln, Drei
Ikonographische Attribute des hl. Nikolaus. In dieser Dreigestalt verbinden sich drei verschiedene Symbole zu einem neuen Symbol: Die Zahl 3, die Form der Kugel und das kostbarste Metall, Gold. Die Zahl 3 gilt in der Symbolik aller Völker als heilig. Der dreimal heilige Gott der Juden (Is 6, 3) wird durch sie ebenso vergegenwärtigt wie die Dreifaltigkeit im Christentum. Auch die Auferstehung fand am dritten Tag statt. - Die Kugel - Urform aller Körper - ist Symbol der absoluten Allgegenwart und Allwirksamkeit Gottes. - Das Gold ist nicht nur Symbol wegen seiner Kostbarkeit und seiner Unvergleichlichkeit: Dem Gold können weder Feuer, Rost noch Säure etwas anhaben. Die drei Goldkugeln des heiligen Nikolaus sind komprimierte Symbole, die die unvergleichliche Wirksamkeit Gottes aufzeigen, die das Geschenk nicht nur als Heilung, sondern zugleich als Heil deuten.